Generationenvertrag
Was verbringt sich hinter dem
Schlagwort "Generationenkonflikt"? Führen leere Staatskassen,
Arbeitslosigkeit und die Entwertung von Erfahrungswissen im Zuge des
rasanten gesellschaftlichen Wandels zu einem Kampf zwischen
"Älteren" und "Jüngeren"? Eines ist sicher: Das alte
Sprichwort "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr"
gehört verschrottet. Zum Konzertpianisten oder Olympiasieger im
Geräteturnen wird man es mit 40 zwar nicht mehr bringen, aber
sonst ist noch ganz schön viel drin.
Offene Frage der Pensionen
Haben die heute 20 - bis 30-jährigen wirklich Grund, sich vom
wachsenden Bevölkerungssegment der Alten in ihrer eigenen
Zukunftssicherung bedroht zu fühlen? Ja, meinen die einen, denn
künftig werden immer weniger junge Menschen für immer mehr
alte Menschen aufkommen müssen, ohne dass die Jungen in den Genuss
einer auch nur annähernd so umfassenden staatlichen
Altersversorgung kommen, wie sie derzeit existiert. Nein, meinen die
anderen. Von vorübergehenden Einbrüchen abgesehen wird die
Wirtschaft weiter wachsen, damit das Niveau der Löhne und der
Pensionsbeiträge steigen. Die Pensionsbeiträge würden
wohl einige Prozente mehr ausmachen und man würde nicht mehr mit
durchschnittlichen 78 Prozent des letzten Gehalts in den Ruhestand
treten - hier liegt Österreich ohnehin weit über dem
internationalen Durchschnitt - sondern mit etwas weniger. Absolut
gesehen wird es aber eine Verbesserung geben. Die Pensionen würden
- so wie die Gehälter - höher sein.
Der blaue Planet wird immer grauer
- an diesen Befund ist nicht zu rütteln. Mit der Jahrtausendwende
beginnt die beispiellose Jugendwelle der sechziger und siebziger Jahre
als Altenwelle anzubranden: Derzeit leben 1,6 Millionen über
60-jährigen in Österreich, im Jahr 2030 werden es 2,8
Millionen sein - das ist immerhin ein Drittel aller Österreicher
und Österreicherinnen. In drei Jahren wird es mehr
Berufstätige über 45 Jahren geben als darunter.
Der Grund für dieses
Phänomen: Nie waren die westlichen Industrieländer
"fruchtbarer" als zwischen 1946 und 1964. In den USA wurden
während dieser 18 Jahren 78 Millionen Menschen geboren: die
Babyboomer. Das verändert die Altersverteilung grundlegend. Noch
vor wenigen Jahrzehnten hatte die Bevölkerungspyramide durch
Überwiegen der jungen Jahrgänge noch einen breiten, stabilen
Sockel. Heute hat sich diese Pyramide umgekehrt.
An die Spitze dieser
demographischen Revolution stehen jene, die jetzt Mitte 50 sind. Auf
der einen Seite gehören sie zum "alten Eisen", werden gefeuert
oder gemobbt; auf der anderen Seite sind sie die "jungen Alten", die
gesund und wohlhabend mit einer so hohen Lebenserwartung rechen
können wie keine Generation vor ihnen. Die so alt werden, kennen
die Weltwirtschaftskrise nur aus Schulbüchern, an den Zweiten
Weltkrieg haben sie kaum oder gar keine Erinnerung. Sie wuchsen auf in
Wachstum und Wohlstand, haben Materialismus und Individualismus so
verinnerlicht wie ihre Eltern Mangel und Familiensinn.
Die Langlebigkeit verschärft
den Generationenkonflikt. Wer mit zunehmendem Alter die Leistungsnormen
nicht mehr erfüllt, erlebt den Übergang in den Ruhestand als
krassen Einschnitt. Die Alten müssen den Jungen schneller weichen.
Und der einst gewonnene Erfahrungsvorsprung der Alten wird durch den
schnellen Fortschritt nahezu bedeutungslos. Wird er das wirklich? Die
Großeltern von heute als pragmatisierte Pessimisten?
Umfragen belegen ein gereiztes
Klima zwischen den Generationen. Unsere Infogesellschaft verändert
sich bekanntlich mit der Geschwindigkeit eines Mausklicks: Was am
Morgen gilt, kann am Abend schon wieder hinfällig sein. Dieser
mobile Imperativ begünstigt naturgemäß die jungen
Menschen, die ihren Lebensstil ebenso schnell wechseln wie ihre
T-Shirts.
Die ältere Generation
wieder5um fühlt sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Haben wir
nicht ein Leben lang genug gerackert, die Wirtschaft zu
Höchstleistungen angekurbelt und damit die Grundlagen für den
Wohlstand der Jungen gelegt? Schulden uns die Jungen nicht Dankbarkeit
und Solidarität?
In gewissen Bereichen werden die
Älteren schon stärker, z.B. als Konsumenten. Zukunftsforscher
prophezeien, dass sich Werbung und Wirtschaft um die Turborenten
reißen werden. Möglicherweise sind sie bald begehrter als
die jetzt favorisierte Zielgruppe der 14- bis 49-jährigen.
Lebensmüdigkeit und das
Aus-dem-Leben-gleiten setzten heute später ein. Die Grenzen des
Alterns haben sich eindeutig verschoben und die Gruppe der 60 -
80-jährigen muss heutzutage eine andere Rolle spielen, als noch
vor zwanzig Jahren. Die Grenzen können sich noch weiter
verschieben, denn die medizinische Wissenschaft bleibt nicht stehen.
Kommende Generationen der "Jungen Alten" werden gesünder, besser
ausgebildet, selbstbewusster und leistungsfähiger sein als die
Pensionisten von heute.
Nicht nur die
Bevölkerungspyramide, auch die Muster haben sich verkehrt. Das
Jungsein gehört den Jugendlichen schon lange nicht mehr allein.
Der Kampf um den Arbeitsplatz
Pech hatte die
Baby-Boom-Generation. Das Überangebot an Arbeitskräften
ließ die Angebote deutlich magerer werden. Die Bedingungen wurden
im Vergleich zu älteren Beschäftigten weniger
großzügig.
Zumindest was die Konkurrenz um die
Jobs betrifft, könnte es der Nach-Baby-Boom-Generation, die gerade
in den Arbeitsmarkt eintritt, besser gehen. Arbeitskräfte
dürften bald, nämlich ab 2003 oder 2004, Mangelware werden.
Die lebenslangen, sicheren Anstellungen werden aber ein immer
seltenerer Vogel. Die Entwicklung geht in Richtung einer flexiblen
Wirtschaft, die Frage ist nur, wer die Last trägt. In Zeiten
höherer Arbeitslosigkeit sind es eher die Beschäftigten, die
Flexibilität wird ihnen nicht finanziell abgegolten. Sind
Arbeitskräfte knapp, kehrt sich das natürlich um.
Jede Generation ihre Stärken
Jüngere
Tendenziell neugieriger, offener,
möchten viel verändern, rasch viel schaffen; haben neue
Ideen, lernen schnell - tun aber alles eher unreflektiert
Ältere
Eher selektiv in den Wahrnehmungen
und weniger enthusiastisch; dafür steigt die soziale Kompetenz und
die Fähigkeit, strategische Aufgaben zu lösen.
"Wozu brauche ich das noch?" - Lebensziel Frühpension
Das Bild des "starren Älteren"
wird nicht zuletzt auch deshalb Wirklichkeit, weil an die Älteren
keine Erwartungen mehr gestellt werden. Bei einem Drittel der über
50-jährigen ist eine körperliche Überforderung und
geistige Unterforderung festzustellen. Das führt zu einem
erhöhten Cortisolspiegel im Körper und der macht letztlich
starr, borniert und abgestumpft.
Typische Verteilung der Fortbildung
in einem Betrieb: 90 % kommt den 25- bis 35-jährigen zu Gute.
Läppische 10 % den über 40-jährigen und das betrifft
einerseits Führungskräfte und andererseits die gesetzlich
vorgeschriebenen Veranstaltungen wie Sicherheitsmaßnahmen. Kein
wirklicher Beitrag zur Entwicklung der Persönlichkeit. Wenn jemand
20 Jahre lang immer nur das Gleiche machen durfte ohne sich entwickeln
zu können, wenn der Arbeitgeber nichts erwartet, dann setzt sich
in den Köpfen der Arbeitnehmer natürlich die
Frühpensionierung fest.
Was Altern sein kann
Die körperlichen
Fähigkeiten nehmen ab, die psychischen Fähigkeiten bleiben
gleich und die geistig-zozialen Fähigkeiten nehmen zu. Europa ist
der älteste Kontinent. Es ist notwendig, eine positive Vision zu
entwickeln. Es ist möglich, bis ins Alter von 70, 80 Jahren ein
aktives, erfülltes Leben zu führen.
Unterm Strich