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Pflege bei transurethraler Harnableitung
 

Bei vielen Patienten ist es notwendig, den Harn vorübergehend oder dauerhaft über eine künstliche Harnableitung nach außen zu leiten. Oft kommt dabei die transurethrale Harnableitung zum Einsatz.
Das transurethrale Katheterisieren bedeutet jedoch ein hohes Infektionsrisiko für Nieren und Harnwege. Dabei ist das Verschleppen pathogener Keime von der Harnröhrenmündung in die Blase Haupt-risikofaktor. Daher sind eine akribische Infektionsprophylaxe und aseptisches Vorgehen erforderlich.

Bei der transurethralen Harnableitung wird ein Blasenkatheter durch die Harnröhre ("transurethral") in die Blase vorgeschoben.

Diagnostisch dient die transurethrale Katheterisierung z.B. der Gewinnung einer Urinprobe oder dem Einbringen von Kontrastmittel.
Therapeutische Indikationen sind Blasenentleerungsstörungen und Harnabflussbehinderungen unterhalb der Harnblase (beispielsweise durch eine vergrößerte Prostata oder durch Schwellungen nach Operationen am Unterleib). Auch vor großen Operationen wird ein Katheter gelegt.

Kathetermaterialien und –arten

Welches Kathetermaterial gewählt wird, hängt von der voraussichtlichen Liegezeit des Katheters ab. Der Katheter muss trotz ständigen Kontakts mit Urin und anderen Sekreten geschmeidig und borkenfrei bleiben und darf die Schleimhäute von Harnblase und Harnröhre weder mechanisch noch durch Abgabe chemischer Substanzen (z.B. sog. Weichmacher) schädigen.
Katheter zur Langzeitdrainage (> 2 Tage, sog. Dauerkatheter) bestehen aus Silikon, ggf. mit Hydrogel-Beschichtung. Für eine Kurzzeitdrainage kann ein Silikon-Latex-Katheter gewählt werden. Einmalkatheter bestehen in der Regel aus PVC-Kunststoff.

Katheterstärken

Katheterdurchmesser werden in Charrière, kurz Ch, angegeben. 1 Charrière entspricht 1/3 mm.

Übliche Katheterstärken bei Männern sind 14 - 18 Ch, bei Frauen 12 - 14 Ch und bei Kindern 8 - 10 Ch.
 

Legen eines Blasenkatheters

Benötigte Materialien

Zum Legen eines Blasenkatheters benötigt man ein Katheterset und zwei sterile Katheter (davon einer als Reserve). Soll ein Dauerkatheter gelegt werden, benötigt man zusätzlich ein steril verpacktes, geschlossenes Urinauffangsystem.

Das Katheterset enthält folgende sterile Einmalartikel:

Ø       Einschlagtuch zum Schaffen einer sterilen Arbeitsfläche

Ø       Wasserundurchlässige Schutzunterlage

Ø       Schlitz-, Lochtuch

Ø       Ein Paar Handschuhe

Ø       Anatomische Pinzette

Ø       Anästhesierendes Gleitgel

Ø       Ca. 30 ml Schleimhautdesinfektionsmittel, z.B. Octanisept®

Ø       Sechs Kugeltupfer ("Pflaumen")

Ø       Auffangschale mit großer (ca. 750 ml) und kleiner Kammer oder zwei getrennte Schalen

Ø       Spritze mit 10 ml Aqua destillata (für das Legen eines Dauerkatheters).


Durchführung

Am besten legen zwei Pflegekräfte gemeinsam einen transurethralen Blasenkatheter. Oft wird hierfür jedoch nur eine Pflegekraft abgestellt, sodass hier die Durchführung durch eine Pflegekraft dargestellt wird:

Sterile Arbeitsfläche schaffen (z.B. durch Auseinanderfalten der Katheterset-Verpackung, die innen steril ist) Steril eingepackte Materialien (Katheter, Urinauffangsystem) unter aseptischen Bedingungen öffnen und auf die sterile Arbeitsfläche fallen lassen.

Vorgehen bei der Frau

Vorgehen beim Mann

Patientin flach auf dem Rücken lagern, evtl. Becken durch Unterlegen eines Kissens anheben. Beine spreizen und aufstellen lassen

Patienten flach auf dem Rücken lagern. Beine etwas geöffnet legen lassen

Bei den handelsüblichen Kathetersets die ganz oben liegende Schutzunterlage sowie das Loch- oder Schlitztuch vorsichtig entnehmen, ohne die übrigen Materialien mit den Händen zu berühren

Schutzunterlage unter das Gesäß der Patientin legen und Schlitztuch so auflegen, dass die Vulva gut sichtbar und zugänglich ist

Lochtuch so auflegen, dass es nur den Penis frei lässt oder Tuch ohne Loch auf die Oberschenkel legen

Sterile Handschuhe anziehen

Beim Legen eines Dauerkatheters: Katheter auf der Arbeitsfläche mit dem Urinauffangsystem verbinden

Tütchen oder Spritze mit anästhesierendem Gleitgel öffnen

Kugeltupfer in der kleinen Schale des Auffanggefäßes oder in separater Schale mit Schleimhautdesinfektionsmittel tränken

Auffanggefäß auf die Schutzunterlage zwischen die Beine der Patientin bzw. des Patienten stellen

Tupfer mit der Pinzette entnehmen und große Schamlippen mit je einem Tupfer von der Symphyse zum Anus, d.h. von vorne nach hinten, desinfizieren. Schamlippen mit einer Hand spreizen (die Hand verbleibt bis nach Einführen des Katheters in dieser Position). Kleine Schamlippen und Harnröhrenmündung mit je einem Tupfer desinfizieren. Sechsten Tupfer vor die Öffnung der Vagina legen.

Mit einer Hand Penisschaft fassen, Vorhaut zurückschieben und Harnröhrenmündung spreizen. Tupfer (mit der Pinzette) entnehmen und Eichel desinfizieren.

Einwirkzeit des Desinfektionsmittels beachten

Gleitgel auf die Katheterspitze geben

Gleitgel auf die Harnröhrenmündung und in die Harnröhre geben.

Katheter (ggf. mit angeschlossenem Urinauffangsystem) von der Arbeitsfläche nehmen

Katheter mit oder ohne Pinzette einführen, bis Urin fließt. Bei Widerstand Vorgang abbrechen

Penis strecken und Katheter mit oder ohne Pinzette einführen. Bei geringem Widerstand nach ca. 10cm Penis senken und Katheter weiter schieben, bis Urin fließt. Bei stärkerem Widerstand und/oder Schmerzen des Patienten Vorgang abbrechen

ü    Beim Einmalkatheterisieren Urin in der großen Kammer der Auffangschale auffangen. Zur vollständigen Entleerung der Blase von außen sanften Druck auf die Blase ausüben. Danach Katheter vorsichtig entfernen

ü    Beim Legen eines Dauerkatheters den Katheter nach Beginn des Urinflusses noch etwas weiter schieben, damit das anschließende Blocken (Füllen des Ballons mit 8 - 10 ml Aqua destillata), nicht in der Harnröhre geschieht

Nachsorge

Ø       Auffanggefäß entfernen

Ø       Genitale abwaschen und trocknen, zum Schutz vor einer Paraphimose beim Mann Vorhaut wieder über die Eichel schieben

Ø       Patientin/Patienten bequem lagern

Ø       Arbeitsplatz aufräumen, Einmalmaterial entsorgen, Urin ggf. zur Diagnostik ins Labor senden, Maßnahme dokumentieren.

Pflege bei liegendem Blasendauerkatheter

Ø       Dauerkatheter regelmäßig auf Durchgängigkeit überprüfen

Ø       Vor Pflegemaßnahmen am Katheter Hände desinfizieren

Ø       Zusätzlich zur Intimhygiene zweimal täglich Harnröhreneingang und Katheter mit Schleimhautdesinfektionslösung (z.B. Betaisodona®) reinigen

Ø       Borkenbildung vermeiden (Sekretverkrustungen mit Schleimhautdesinfektionsmittel entfernen)

Ø       Auf hygienischen Umgang mit dem Drainagesystem achten, d.h. Urin nur aus geeigneter Urinentnahmestelle abpunktieren, Ablassschlauch stets in die Halteschlaufe stecken und das System nie auf dem Boden ablegen

Ø       Katheter und Urinauffangsystem nicht voneinander trennen

Ø       Abknickung und Kompression des Katheterschlauches vermeiden, da Harnstagnation die Keimvermehrung und damit eine Infektion der ableitenden Harnwege begünstigt (Mobile) Patienten darauf hinweisen, dass sie den Urinbeutel nicht über Blasenniveau anheben dürfen.

Katheterwechsel und Katheterentfernung

Alle 2 - 6 Wochen wird der Blasenkatheter auch bei komplikationsloser Liegezeit gewechselt:

Ø       Patienten informieren und flach auf dem Rücken lagern

Ø       Hände desinfizieren, Einmalhandschuhe anziehen

Ø       Über Ballonzuleitungssystem Abblockflüssigkeit mit 20 ml-Spritze entfernen, Spritze entsorgen

Ø       Zellstoff in die eine Hand nehmen, mit der anderen Hand Katheter vorsichtig herausziehen. Katheterspitze mit Zellstoff umwickeln, den Handschuh darüber stülpen und Katheter samt geleertem Urinauffangsystem in einen Abfalleimer entsorgen. Bei Problemen keine Gewalt anwenden, sondern Arzt hinzuziehen

Ø       Intimtoilette durchführen

Ø       Je nach Arztanordnung neuen Katheter legen oder in den Folgestunden darauf achten, ob der Patient spontan Wasser lässt

Ø       Materialien aufräumen und Maßnahme dokumentieren.