Pflege bei suprapubischer Blasendrainage und Blasenpunktion
Bei der suprapubischen Blasendrainage (suprapubischer
Blasenkatheter, suprapubische Blasenfistel, Zystostomie) wird der
Katheter durch die Bauchdecke hindurch in die gefüllte Blase eingeführt und mit
einer Platte aus Kunststoff und einer Subkutannaht fixiert. Dieses Verfahren ist
bei fachgerechter Durchführung im Vergleich zur transurethralen Katheterisierung
komplikationsärmer (weniger mechanische Verletzungen und Infektionen), berührt
nicht den Intimbereich des Patienten und ermöglicht ein Blasen- und
Kontinenztraining. Aufgrund dieser Vorteile setzt sich die suprapubische
Blasendrainage zunehmend durch.
Die Indikationen zur suprapubischen Blasendrainage entsprechen denen der transurethralen Harnableitung. Sie ist außerdem möglich bei Harnröhrenverletzungen und Harnröhrenverengungen, die für einen transurethralen Katheter nicht mehr passierbar sind.
Bei Blasentumoren, Blutgerinnungsstörungen,
nicht füllbarer Blase und bei Schwangeren darf die suprapubische Blasendrainage
nicht durchgeführt werden.
Benötigte Materialien
Bei einer suprapubischen Blasenpunktion werden benötigt:
Alles zur Hautdesinfektion und Rasur
Sterile Spritze, ggf. mit Zwei-Wege-Hahn
Sterile Kanüle (ca. 12 cm lang)
Sterile Tupfer
Beschriftetes, steriles Untersuchungsröhrchen
Verbandmaterial
Abwurf für Kanülen und Verpackungsmaterial.
Für das Legen eines suprapubischen Blasenkatheters sind folgende
sterile Materialien erforderlich:
Spaltbarer Punktionstrokar. Dies ist eine großlumige "Hohlnadel" aus Edelstahl mit dreikantiger Spitze, durch die der Katheter vorgeschoben wird. Nach der Blasenpunktion spaltet der Arzt die Nadel und entfernt sie. Zurück bleibt der in der Blase liegende Katheter
Spezieller Katheter mit selbst aufrollender Spitze oder Ballonkatheter. Punktionstrokar und Katheter sind auch als Punktionsbesteck erhältlich, z.B. Cystofix® oder Curity® Kendall. Dabei ist der vordere Teil des Katheters bereits in den Punktionstrokar eingeführt, so dass sich das Lumen des Trokars während des Punktierens nicht mit Gewebe füllen kann
Geschlossenes Urinableitungssystem
Alles zur Hautdesinfektion, Hautrasur und Lokalanästhesie
Lochtuch
Sterile Handschuhe
Skalpell
Fixierplatte
Nahtmaterial
Verbandmaterial
Abwurfgefäß
Ggf. 8 - 10 cm lange Kanüle mit 20 ml-Spritze.
Vorbereitung des Patienten
Durchführung
Das Legen, Entfernen und Wechseln (alle 6 - 12 Wochen) einer suprapubischen Blasendrainage sind ärztliche Aufgaben. Die Pflegekräfte assistieren dabei.
Das Legen einer suprapubischen Blasendrainage umfasst folgende Arbeitsschritte:
Hände desinfizieren
Punktionsstelle (ca. 2 - 3 cm oberhalb des Symphysenoberrandes) desinfizieren und mit Lochtuch abdecken
Lokalanästhesie setzen, ggf. Probepunktion durchführen
Urinableitungssystem mit dem Katheter verbinden Haut mit Skalpell inzidieren (entfällt bei neueren Punktionsbestecken) und Trokar einstechen bis Urin fließt.
Katheter vorschieben, Trokar zurückziehen, aufsplitten und entfernen.
Katheter mit Naht an der Bauchdecke fixieren bzw. Ballonkatheter blocken
Punktionsstelle abermals desinfizieren, Wunde
verbinden, Katheter in Fixierplatte einlegen und Platte mit Heftpflaster
befestigen.
Nachsorge
Patienten ankleiden und bequem lagern
Materialien entsorgen
Auf Blutbeimengungen im Urin achten. Patienten Bettruhe einhalten lassen, bis Komplikationen ausgeschlossen sind
Katheterpflege: Steriler Verbandswechsel alle 2 - 3 Tage, weitere Pflege und Umgang mit dem Katheter.
Zum Blasentraining wird der Katheter
abgeklemmt, und der Patient lässt bei Harndrang auf physiologischem Weg über die
Harnröhre Wasser. Anschließend kann durch Öffnen der Klemme die Menge des
verbliebenen Restharns im Urinauffangsystem bestimmt werden.
Pflege bei Nephrostomie
Bei einer Nephrostomie (Nierenfistel) wird das Nierenbecken durch
das Nierengewebe hindurch drainiert und der Urin über einen Katheter durch die
Haut nach außen abgeleitet.
Eine Nephrostomie kann während einer Nierenoperation eingelegt werden, um die Harnableitung postoperativ sicherzustellen. Sie kann aber auch zur Dauerharnableitung bei Abflussstörungen indiziert sein und wird vom Arzt dann unter sonographischer Kontrolle perkutan eingeführt. Nach dem Einlegen wird der Katheter geblockt und mit einigen Nähten und einer Platte aus Kunststoff fixiert. Bei komplikationslosem Verlauf wird der Nephrostomiekatheter alle 4 - 6 Wochen gewechselt.
Pflege bei liegendem Nephrostomiekatheter
ü Die Urinausscheidung wird regelmäßig kontrolliert (Menge, Farbe, Beimengungen) und die Beobachtungen dokumentiert
ü Der Katheter wird engmaschig auf Lage und Durchgängigkeit überprüft. Bei Verdacht auf Katheterverstopfung muss unverzüglich der Arzt informiert werden, der den Katheter mit physiologischer Kochsalzlösung vorsichtig durchspült
ü Um einer Katheterverstopfung vorzubeugen, soll der Patient reichlich trinken, da dies den Urinfluss fördert
ü Der Katheter darf nie abgeklemmt werden, da dies (ebenso wie eine Katheterverstopfung) zu einem Überdruck im Nierenbecken und einem Harnaufstau führen würde
ü Bei komplikationslosem Verlauf reicht es aus, den Verband alle zwei Tage zu wechseln. Dabei die Katheteraustrittsstelle auf Entzündungszeichen (z.B. Rötung) untersuchen
ü Der Katheter ist ein Fremdkörper im Nierenbecken und kann zu (chronischen) Infektionen durch Bakterien oder Pilze führen. Deshalb wird der Patient kontinuierlich auf Infektionszeichen wie trüben Harn, Fieber oder Verschlechterung des Allgemeinbefindens beobachtet.
Nach der Uringewinnung wird der Urin mittels Streifen-Schnelltests (im Labor auch mikroskopisch) untersucht und/oder eine Urinkultur angelegt.
A) Streifen-Schnelltests
Bei Streifen-Schnelltests handelt es sich vorwiegend um kaum fingerlange Teststreifen, auf deren Testfeldern trockene chemische Reagenzien aufgebracht sind, die mit dem Urin reagieren und sich je nach Urinbefund verfärben.
Am häufigsten werden Kombinationsteststreifen benutzt. Die Testfelder für Leukozyten, Eiweiß, Blut, Nitrit, Glukose, Urobilinogen, Bilirubin und Ketone erlauben rasche orientierende diagnostische Hinweise auf eine große Zahl von Erkrankungen. Der pH-Wert des Urins liegt physiologischerweise im sauren Bereich, ist aber auch von der Kost des Patienten abhängig.
Einzelteststreifen für den Nachweis nur einer Substanz (z.B. Glukose oder Eiweiß) erlauben häufig eine - wenn auch ungenaue - quantitative Bestimmung.
Die Teststreifen der verschiedenen Anbieter können sich in Farbgebung, Farbreaktion und Handhabung (Zeitfaktor) unterscheiden. Maßgebend sind die Farbfelder auf dem Behälter und die Angaben auf der Packungsbeilage.
Voraussetzung für zuverlässige und vergleichbare Ergebnisse ist, dass die Teststreifen im verschlossenen Originalbehälter aufbewahrt werden und dieser nur für die Entnahme eines Teststreifens kurz geöffnet wird. Ansonsten verändert die Luftfeuchtigkeit die Reagenzien und führt so zu falschen Ergebnissen.
Einige Patienten, z.B. Diabetiker (Glukosurie?) oder Nierensteinkranke (Urin-pH?), müssen ihren Urin nach der Entlassung regelmäßig selbst mittels Streifen-Schnelltests untersuchen. Die Anleitung dieser Patienten fällt oft in den Aufgabenbereich der Pflegenden.
B) Urinkultur
Bei Verdacht auf eine bakterielle Infektion der Nieren oder der ableitenden Harnwege dient die Urinkultur der Keimzahlbestimmung, der Keimdifferenzierung und der Resistenztestung der Keime gegen Antibiotika.
Heute wird üblicherweise ein fertig vorbereiteter Eintauchnährboden (z.B. Uricult®) in den Urin getaucht und 24 Stunden bei 37 ºC bebrütet. Bakterienkolonien sind dann als runde Herde auf dem Nährmedium erkennbar. Ihre Zahl wird anhand einer Vergleichstabelle geschätzt. Bei <1000 Keimen/ml Mittelstrahlurin liegt meist eine Verunreinigung vor, bei > 100 000 spricht man von einem eindeutig positiven Befund. Befunde in der "Grauzone" dazwischen sollten kurzfristig kontrolliert werden. Bei Katheterurin sind schon 10 000 Keime/ml als pathologisch zu bewerten.
Bei pathologischem Befund wird der Nährboden anschließend in ein bakteriologisches Labor gesandt, das die Keime auf ihre Sensibilität und Resistenz gegenüber Antibiotika testet.
C) Urinsediment
Zeigt der Teststreifen einen positiven Befund an, wird das Urinsediment untersucht. Es besteht aus den festen Bestandteilen des Urins. Der frisch gelassene Urin wird zentrifugiert und der Bodensatz (Sediment) unter dem Mikroskop ausgewertet:
ü Erythrozyten: Hämaturie,
ü Leukozyten: Leukozyturie,
ü Epithelzellen: Abgeschilferte Zellen der Epithelgewebe von Nieren oder ableitenden Harnwegen dürfen nur vereinzelt vorkommen. Sie weisen bei vermehrtem Auftreten auf entzündliche Veränderungen hin
ü Zylinder: Zylinder sind rollenförmige Zusammenballungen, die in den Nierentubuli entstehen. Hyaline Zylinder bestehen aus Eiweiß und sind auch beim Gesunden, z.B. beim Dursten, in geringer Zahl zu beobachten. Zylinder aus roten oder weißen Blutkörperchen oder Epithelzellen sind immer pathologisch und weisen auf eine Nierenschädigung hin
ü Krankhaft sind Keime wie Bakterien und Trichomonaden.
D) Zählkammermethode
Alternativ kann auch der frisch gelassene Urin ohne vorheriges Zentrifugieren in eine spezielle Zählkammer gegeben und mikroskopisch untersucht werden. Die Zellzahlen werden dann nicht pro Gesichtsfeld, sondern pro mm3 (= ml) Urin angegeben.
E) Spezifisches Gewicht des Urins
Die gesunden Nieren können den Urin je nach Flüssigkeitsangebot verdünnen oder konzentrieren. Soll die Konzentration des Urins bestimmt werden, wird das spezifische Gewicht, also die Massendichte des Urins, gemessen. Reines Wasser wiegt 1000 g/l. Urin ist je nach Menge der in ihm gelösten Stoffe entsprechend schwerer als Wasser.
Zur Messung des spezifischen Gewichts sollte der Urin Zimmertemperatur haben. Abgestandener Urin wird vorher umgerührt. Der Messzylinder wird mit so viel Urin gefüllt, dass das Urometer (Harnwaage), eine kleine Senkwaage, schwimmen kann und den Innenrand des Messzylinders nicht berührt, andererseits der Messzylinder beim Hineintauchen des Urometers aber auch nicht überläuft. Eventueller Schaum wird mit Filterpapier entfernt, da er beim Ablesen des spezifischen Gewichtes stört. Das spezifische Gewicht wird in Augenhöhe am Rand des Flüssigkeitsspiegels abgelesen und dokumentiert.
Das Urometer ist auf eine bestimmte Temperatur geeicht - meist 15 ºC. Pro 3 ºC mehr oder weniger Urintemperatur wird daher ein Teilstrich hinzugezogen bzw. abgezogen. Der Normalwert liegt bei 1010 - 1025 mg/ml (= g/l = mg/cm3). Vielfach wird das spezifische Harngewicht auch auf das spezifische Gewicht des Wassers (1000 g/cm3) bezogen, so dass sich ein Normbereich von 1,010 - 1,025 ergibt.