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Physiologische Grundlagen der Atmung

Die wichtigste Aufgabe der Atmung ist die ausreichende Versorgung der Zellen mit Sauerstoff und die Ausscheidung von Kohlendioxid; dazu gehören die äußere Atmung (Lungenatmung) und die innere Atmung (Gasaustausch zwischen Zelle und Blut). Da das Kohlendioxid im Blut als Kohlensäure gelöst ist, spielt die Atmung eine wichtige Rolle im Säure-Basen-Haushalt.

Atemmechanik

Bei der aktiven Inspiration (Einatmung) dehnt sich die Lunge aus, es gelangt von außen frische, sauerstoffreiche Atemluft in die Alveolen.

Bei der überwiegend passiven Exspiration (Ausatmung) zieht sich die Lunge wieder zusammen und gibt verbrauchte (kohlendioxidreiche, sauerstoffarme) Luft nach außen ab.

Steuerung der Atmung

Das Atemzentrum in der Medulla oblongata (Verlängertes Mark) steuert die Atmung. Dazu werden ständig im Blut gemessen:

· Sauerstoffgehalt des Blutes (= pO2 = O2-Partialdruck)

· Kohlendioxidgehalt des Blutes (= pCO2 = CO2-Partialdruck)

Diese Steuerung durch das Atemzentrum hält den Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalt sowie den pH-Wert in engen Grenzen konstant. Werden diese Grenzen wesentlich über- oder unterschritten, ist dies lebensbedrohlich.

Beobachtung der Atmung

Die Atmung gehört neben Puls, Blutdruck und Körpertemperatur zu den Vitalzeichen.
Die gesunde, normale Atmung (Eupnoe) erfolgt regelmäßig, gleichmäßig tief, ist geräuscharm und geruchlos.

Der Atemantrieb wird stärker bei Der Atemantrieb wird schwächer bei
  • Sinkendem Sauerstoffgehalt
  • Steigendem Kohlendioxidgehalt
  • Sinkendem pH-Wert
  • Steigendem Sauerstoffgehalt
  • Sinkendem Kohlendioxidgehalt
  • Steigendem pH-Wert

 

Abweichungen davon können auf bestimmte Krankheiten hinweisen: Atemstörungen treten nicht nur bei Atemwegserkrankungen auf, sondern auch bei Herz-Kreislauferkrankungen und Stoffwechselstörungen. Eine gezielte Atembeobachtung ist erforderlich:

· Im Rahmen der Pflegeanamnese bei allen Neuaufnahmen

· Bei Patienten mit Lungen- oder Herzerkrankungen (mindestens einmal pro Schicht)

· Fortlaufend bei Sauerstofftherapie, während einer Narkose; bei Gabe atemdepressiver (die Atmung dämpfender) Medikamente (z.B. Opioide); bei bewusstlosen, beatmeten oder gerade extubierten Patienten.

Die Beobachtung der Atmung umfasst:

A) Atemfrequenz
B) Atemvolumina
C) Atemintensität
D)Atemrhythmus
E) Atemgeräusche
F) Atemgeruch.

Außerdem wird auf die Körperhaltung (Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, auf seitengleiche Atembewegungen und auf das Gesamtbefinden des Patienten geachtet.

 A) Atemfrequenz

Atemfrequenz: Anzahl der Atemzüge pro Minute. Ein Atemzug umfasst eine Ein- und Ausatmung.

Der Normalwert der Atemfrequenz ist altersabhängig. Die Atemfrequenz beträgt beim:

· Neugeborenen 40 - 45 Atemzüge/Minute

· Kleinkind 25 - 30 Atemzüge/Minute

· Erwachsenen 16 - 20 Atemzüge/Minute.

Atemfrequenz richtig zählen

Sobald sich der Mensch seiner Atmung bewusst wird, beeinflusst er sie. Daher die Atmung für den Patienten unbemerkt beobachten, z.B. nach der Pulskontrolle noch für eine Minute das Handgelenk des Patienten halten und die Atemzüge zählen.
Beim Bewusstlosen beobachtet man die Atembewegungen. Hierzu je eine Hand an Brustbein und Rippenrand oder Flanke legen
Die Atemzüge werden eine Minute lang gezählt, um genaue Messwerte zu erhalten.

Abweichungen der Atemfrequenz
Tachypnoe
Beschleunigte Atmung, also > 20 Atemzüge/Min. beim Erwachsenen. Sie kann bis zu 100 Atemzüge/Min. betragen.

Die Tachypnoe tritt bei erhöhtem Bedarf an Sauerstoff auf. Physiologisch ist sie bei körperlicher Anstrengung, psychischer Belastung, Hitzeeinwirkung (in der Sauna, heißes Bad) oder bei unvorbereitetem Aufenthalt in großer Höhe (ab ca. 2000 m Höhendifferenz).

Pathologische Ursachen sind z.B. Schmerzen, Fieber (Frequenz steigt pro 1 °C um etwa 7 Atemzüge/Min.), Herzerkrankungen, Lungenerkrankungen und Anämie.

Bradypnoe
Verlangsamte Atmung, beim Erwachsenen < 12 Atemzüge/Minute.

Physiologisch ist eine Bradypnoe im Schlaf oder während tiefer Entspannung (Meditation, autogenes Training).

Pathologisch tritt sie auf bei:

· Schädigung des Zentrales Nervensystem, z.B. Schädel-Hirn-Trauma

· Vergiftungen (z.B. durch Benzodiazepine)

· Stoffwechselerkrankungen wie ausgeprägter Hypothyreose.

Apnoe

Ursache einer Apnoe kann eine Verlegung der Atemwege, eine Lähmung des Atemzentrums oder eine Lähmung der Atemmuskulatur sein. Eine Apnoe unterbricht die lebensnotwendige O2-Zufuhr aller Organe. Insbesondere das Gehirn reagiert empfindlich auf Sauerstoffmangel. Eine unbehandelte Apnoe führt in 3 - 5 Minuten zum Hirntod.

Ein Atemstillstand erfordert immer Erste Hilfe nach dem ABC-Schema, falls nicht ausdrücklich ein Verzicht auf Reanimationsmaßnahmen vereinbart und vom Arzt angeordnet wurde, sonst verstirbt der Patient innerhalb weniger Minuten:
A(irway) = Freimachen der Atemwege
B(reathing) = Atemspende
C(irculation) = bei Herzstillstand Herzdruckmassage

Atem- und Lungenvolumina

Bei erhöhtem Sauerstoffbedarf kann nicht nur die Zahl der Atemzüge pro Minute, sondern auch die Luftmenge (Volumen) jedes Atemzuges gesteigert werden.
Ein Atemzug besteht aus Ein- und Ausatmung. Bei der Einatmung werden ca. 500 ml Luft in die Atemwege und die Lunge eingesaugt (Atemzugvolumen, kurz AZV). Diese mischen sich mit der noch in der Lunge vorhandenen Luft (Lunge und Atemwege sind nach der Ausatmung nie völlig luftleer).

Der Gasaustausch findet ausschließlich in den Alveolen statt, da nur hier die Gewebeschicht zwischen Luft und Blut dünn und durchlässig ist. Ungefähr 1/3 der eingeatmeten Luft gelangt nicht in die Alveolen, sondern verbleibt in den Atemwegen wie Kehlkopf, Luftröhre und Bronchien. Dort ist die Gewebeschicht viel dicker als in den Alveolen, und es findet kein Gasaustausch statt. Daher werden diese Atemwege auch unter dem Begriff Totraum zusammengefasst.

Atemminutenvolumen (kurz AMV): Luftmenge, die in einer Minuten ein- und ausgeatmet wird; rechnerisch Atemzugvolumen mal Atemfrequenz.

Bei 14 - 16 Atemzügen/Minute atmet ein gesunder Erwachsener pro Minute etwa 7,5 l Luft ein und wieder aus.

Wird bei körperlicher Anstrengung mehr Sauerstoff benötigt, so vertieft sich die Atmung, d.h. das Atemzugvolumen steigt. Deckt dies den Bedarf nicht, wird zusätzlich die Atemfrequenz erhöht. So kann das Atemminutenvolumen erheblich gesteigert werden.

Durch verstärkte Einatmung können je Atemzug über das normale Atemzugvolumen hinaus etwa 2 - 3 l Luft eingeatmet werden: dieses Volumen wird als inspiratorisches Reservevolumen bezeichnet. Durch verstärkte Ausatmung nach der normalen Ausatmung kann noch etwa 1 l Luft zusätzlich ausgeatmet werden (exspiratorisches Reservevolumen).

Werden alle Reserven zusätzlich zum normalen Atemzugvolumen ausgeschöpft, ergibt sich die Vitalkapazität, also die Menge an Luft, die ein Mensch maximal ein- und ausatmen kann.

Vitalkapazität = Atemzugvolumen + inspiratorisches Reservevolumen + exspiratorisches Reservervolumen.

Auch nach stärkster Ausatmung bliebt noch Luft in den Lungen zurück. Diese Restluft wird Residualvolumen genannt. Vitalkapazität und Residualvolumen zusammengenommen ergeben die Totalkapazität.

Die Beobachtung der exspiratorischen Volumina ist wichtig:

· Vor einer Operation, wenn Hinweise auf eine eingeschränkte Beweglichkeit des Brustkorbes bestehen

· Zur Verlaufskontrolle bei Herz- und Lungenerkrankungen.

Bei der Spirometrie wird zusätzlich zum Volumen auch der Luftstrom (flow) gemessen, d.h. wie schnell die Luftmenge ein- und ausgeatmet werden kann.

 B) Atemintensität

Beim Gesunden entspricht die Atemintensität dem tatsächlichen Bedarf an Sauerstoff und hängt vom aktuellen Kohlendioxidgehalt des Blutes ab. In Abweichung davon bezeichnet Hyperventilation (gesteigerte Atemtätigkeit) eine über den Bedarf hinausgehende Atemaktivität. Bei der Hypoventilation (verminderte Atemtätigkeit) wird der Bedarf des Organismus an Sauerstoff nicht befriedigt und zuwenig Kohlendioxid aus dem Blut entfernt.

Minderbelüftung: (Zu) geringe Belüftung einzelner Lungenanteile, meist gekoppelt mit einer Minderdurchblutung

Bei einem tatsächlich niedrigen Sauerstoffbedarf, z.B. bei Immobilität, ist die Atemintensität bedarfsgerecht gering, da bei Bewegungsmangel weniger Sauerstoff benötigt wird und weniger Kohlendioxid entsteht. Es kommt zur Minderbelüftung der Lunge. Andere Ursachen hierfür sind z.B. die schmerz-bedingte Schonatmung nach Thoraxverletzungen oder nach Oberbauch-Operationen (z.B.Cholezystektomie).

Gebiete nicht belüfteter Alveolen sind ideale Nährböden für Bakterien, und das Risiko eines Bakterienwachstums steigt weiter durch schlechte Durchblutung: die Entstehung einer Lungenentzündung (Pneumonie) wird begünstigt. Maßnahmen der Pneumonieprophylaxe fördern die Belüftung.

C) Atemrhythmus

Physiologischer Atemrhythmus: Regelmäßige Abfolge in etwa gleich tiefer Atemzüge; die Zeit von Einatmung zu Einatmung ist ebenso konstant wie das Atemzugvolumen.

Die Atmung des Gesunden ist regelmäßig und gleichmäßig tief, von den willkürlich beeinflussten oder leistungsbedingten Unregelmäßigkeiten abgesehen. Das Zeitverhältnis zwischen Einatmung und Ausatmung entspricht etwa 1 : 2, d.h. die Ausatmung dauert etwa doppelt so lange wie die Einatmung.

Pathologische Atemmuster

Folgende typische Veränderungen von Atemrhythmus und Atemtiefe werden zu den krankhaften Atemmustern gerechnet:

· Kussmaul-Atmung

· Cheyne-Stokes-Atmung

· Schnappatmung

· Biot-Atmung.

Kussmaul-Atmung

Die Kussmaul-Atmung (Azidose-Atmung) ist eine abnorm vertiefte, aber regelmäßige Atmung. Die Kussmaul-Atmung tritt bei einer stoffwechselbedingten (metabolischen) Azidose auf, z.B. beim diabetischen oder urämischen Koma. Der Körper versucht, verstärkt CO2 abzuatmen, um den niedrigen pH-Wert zu korrigieren.

Cheyne-Stokes-Atmung

Für die Cheyne-Stokes-Atmung ist ein periodisch wiederkehrendes An- und Abschwellen der Atmung mit kurzen Pausen typisch: Flache Atemzüge werden immer tiefer und flachen dann wieder ab. Zusätzlich kann sich auch die Atemfrequenz verändern. Nach einer Atempause von manchmal mehr als 10 Sekunden setzen zunächst wieder flache, dann tiefer werdende Atemzüge ein. Die Cheyne-Stokes-Atmung tritt bei einer schweren Schädigung des Atemzentrums auf, aber auch bei Herzerkrankungen infolge der verlangsamten Blutzirkulation. Sie kommt ohne Krankheitswert im Schlaf oder bei einem raschen Aufstieg in große Höhen vor.

Schnappatmung

Die Schnappatmung tritt vor allem kurz vor dem Tod auf, oft geht ihr die Cheyne-Stokes-Atmung voraus. Die Schnappatmung ist gekennzeichnet durch einzelne schnappende Atemzüge, zwischen denen lange Pausen liegen.

Biot-Atmung

Bei der Biot-Atmung wechseln sich mehrere gleichmäßig tiefe und kräftige Atemzüge mit der regelmäßig wiederkehrenden typischen Atempause ab. Ohne Krankheitswert kann sie bei Neugeborenen, vor allem bei Frühgeborenen, auftreten. Bei Erwachsenen kommt sie bei Patienten mit Hirndrucksteigerung, z.B. bei Meningitis oder Schädel-Hirn-Trauma, vor.

D) Atemtyp

Nach der jeweils überwiegenden Muskelbeteiligung werden zwei Atemtypen unterschieden:

· Brustatmung (Kostal- oder Thorakal-Atmung)

· Bauchatmung (Abdominal- oder Zwerchfell-Atmung)

Brustatmung

Die Inspiration geht überwiegend von den Zwischenrippenmuskeln aus; der Brustkorb hebt sich sichtbar. Physiologisch ist sie bei der Mehrzahl der Frauen, pathologisch nach Bauchverletzungen/-operationen als Schonatmung.

Bauchatmung

Hier übernimmt hauptsächlich das Zwerchfell die Atemarbeit. Der Bauch wölbt sich sichtbar vor. Physiologisch tritt sie besonders bei Männern und Säuglingen auf, pathologisch als Schonatmung bei Brustkorbverletzungen/-operationen. Eine vorwiegende Bauchatmung hat eine tiefere und ruhigere Atmung zur Folge.

Mischatmung

Bei der Mischatmung werden Zwischenrippenmuskulatur und Zwerchfell gleich stark eingesetzt. Sie kommt besonders bei körperlicher Anstrengung vor.

Auxiliaratmung

Von einer Auxiliaratmung spricht man, wenn die Atemhilfsmuskulatur zur Unterstützung der Atmung eingesetzt wird.

Diesen Atemtyp findet man bei Patienten mit schwerer Atemnot. Der Patient sitzt dabei meist aufrecht im Bett. Er stützt sich seitlich mit den Armen ab, wobei der Kopf durch Anspannen der Schulter- und Halsmuskulatur gerade oder leicht nach hinten geneigt ist. Körperhaltung und Gesichtsausdruck zeigen deutlich die Anspannung und Angst des Kranken.